Die Gräueltaten des Krieges haben in der Ukraine einen erschreckenden Wendepunkt erreicht, da Berichte über die Hinrichtung ukrainischer Kriegsgefangener (POWs) durch russische Streitkräfte weiter zunehmen. Beunruhigende Aufnahmen und Zeugenaussagen zeichnen ein düsteres Bild systematischer Brutalität, das Familien zerreißt und internationale Beobachter erschüttert zurücklässt.
Ein düsteres Erbe von Hinrichtungen
Eines der hauntingsten Bilder dieses Krieges ist die Hinrichtung des ukrainischen Scharfschützen Oleksandr Matsievsky, die auf Video festgehalten wurde. In den erschreckenden Aufnahmen steht Matsievsky trotzig, mit einer Zigarette in der Hand, neben dem, was offenbar sein eigenes Grab ist. Seine letzten Worte, „Ruhm der Ukraine“, hallen wider, bevor Schüsse fallen und sein Leben beenden.
Tragischerweise ist seine Geschichte alles andere als isoliert.
Im Oktober wurden Berichten zufolge neun ukrainische Soldaten in der russischen Region Kursk hingerichtet. Unter ihnen war Ruslan Holubenko, den seine trauernde Mutter anhand eines Fotos erkannte, das seinen leblosen Körper zeigt. „Ich habe ihn an seiner Unterwäsche erkannt“, sagte sie weinend und erinnerte sich daran, wie sie sie ihm vor einer Familienreise gekauft hatte.
Die grausame Liste der Hinrichtungen umfasst Berichte über Enthauptungen, Soldaten, die nach der Kapitulation erschossen wurden, und sogar einen Fall, in dem ein Kriegsgefangener mit einem Schwert getötet wurde. In einem besonders erschreckenden Vorfall sollen 16 ukrainische Soldaten in einer Reihe aufgestellt und erschossen worden sein, nachdem sie aus einem Wald hervorgetreten waren, um sich zu ergeben.
Systemisch und weit verbreitet
Laut der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine wurden seit Beginn der Invasion im Jahr 2022 mindestens 147 ukrainische Kriegsgefangene von russischen Streitkräften hingerichtet. Schockierenderweise ereigneten sich 127 dieser Tötungen im Jahr 2023, was einen besorgniserregenden Trend verdeutlicht.
Yuri Belousov, Leiter der Kriegsabteilung der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, erklärte: „Der Aufwärtstrend ist sehr deutlich. Hinrichtungen wurden seit November letzten Jahres systematisch und setzen sich auch in diesem Jahr fort. Sie finden in weiten Gebieten statt, wobei Beweise auf eine koordinierte Politik hindeuten.“
Das internationale humanitäre Recht, insbesondere die Dritte Genfer Konvention, verbietet eindeutig die Hinrichtung von Kriegsgefangenen. Die russischen Aktionen deuten jedoch auf eine offensichtliche Missachtung dieser Schutzmaßnahmen hin.
Um das Ganze noch zu verschärfen, forderte Ramzan Kadyrov, der umstrittene Führer Tschetscheniens, einst öffentlich seine Kommandeure auf, „keine Gefangenen zu nehmen“ im Krieg gegen die Ukraine.
Internationale Verurteilung und Fragen der Verantwortlichkeit
Menschenrechtsgruppen und Rechtsexperten haben diese Handlungen als potenzielle Kriegsverbrechen verurteilt. Rachel Denber, stellvertretende Direktorin der Europa- und Zentralasien-Abteilung von Human Rights Watch, betonte die dringende Notwendigkeit von Verantwortlichkeit innerhalb der russischen Militärführung.
„Welche Anweisungen geben die Kommandeure ihren Einheiten bezüglich der Behandlung von Kriegsgefangenen? Untersuchen sie aktiv ein solches Verhalten? Wenn nicht, sind auch sie strafrechtlich verantwortlich und können zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Denber.
Trotz zunehmender Beweise hat Russland keine Absicht gezeigt, diese Anschuldigungen zu untersuchen. Tatsächlich ist es nach russischem Recht strafbar, solche Behauptungen zu äußern, was mit langen Haftstrafen geahndet werden kann. Der russische Präsident Wladimir Putin hat wiederholt betont, dass die russischen Streitkräfte Kriegsgefangene „streng gemäß internationalen Rechtsdokumenten und Konventionen“ behandeln, eine Behauptung, die durch dokumentierte Missbräuche eklatant widerlegt wird.
Ukrainische Reaktion und gegensätzliche Anschuldigungen
Während auch ukrainische Streitkräfte beschuldigt wurden, russische Kriegsgefangene exekutiert zu haben, ist das Ausmaß dieser Behauptungen deutlich geringer. Belousov behauptet, dass die Ukraine diese Anschuldigungen ernst nimmt und aktiv untersucht. Bislang wurden jedoch keine Anklagen erhoben.
Human Rights Watch hat umfangreiche Verstöße durch russische Streitkräfte dokumentiert, die von Hinrichtungen bis zu Folter reichen und potenzielle Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die anhaltende Brutalität hat viele ukrainische Soldaten dazu gebracht, zu erklären, dass sie lieber sterben würden, als gefangen genommen zu werden.
Eine trauernde Mutter berichtete von dem erschreckenden Schwur ihres Sohnes: „Mama, ich werde niemals kapitulieren. Vergib mir, ich weiß, du wirst weinen, aber ich möchte nicht gefoltert werden.“
Eine wachsende humanitäre Krise
Die steigende Zahl von Hinrichtungen unterstreicht die dringende Notwendigkeit internationaler Intervention. Familien wie die von Holubenko sind in Qualen gefangen, klammern sich an schwache Hoffnungen, während ihre Angehörigen vermisst oder für tot gehalten werden.
„Ich werde alles Mögliche und Unmögliche tun, um mein Kind zurückzubekommen“, sagte Holubenkos Mutter. „Ich schaue immer wieder auf das Foto und hoffe, dass er nur bewusstlos ist. Ich möchte nicht daran denken, dass er weg ist.“
Während der Konflikt weitergeht, verlangen das Ausmaß und die Art dieser Gräueltaten eine genauere Prüfung. Die internationale Gemeinschaft muss nicht nur diese Verbrechen dokumentieren, sondern auch die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Bis dahin werden die eindringlichen Bilder von hingerichteten Kriegsgefangenen ein Zeugnis für die unvorstellbare Grausamkeit dieses Krieges bleiben.